VERJÄHRUNG VON URLAUBSANSPRÜCHEN UND URLAUBSABGELTUNGSANSPRÜCHEN
Mit Urteil vom 20.12.2022 (Az. 9 AZR 266/20) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich der Verjährung unterliegt, jedoch die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Arbeitgeber seinen diesbezüglichen Informations- und Hinweispflichten nachgekommen ist. Um diese Pflichten zu erfüllen, muss der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer einmal jährlich über noch ausstehenden Urlaub informieren und sie mit Hinweis auf den ansonsten eintretenden Verfall dazu auffordern, diesen zu nehmen.
Der Urlaubsanspruch
ist auf Freistellung von der Arbeitspflicht zu Erholungszwecken unter Fortzahlung des Lohns gerichtet.
Die allgemeine Verjährungsfrist
von drei Jahren aus § 195 BGB ist auch auf den Urlaubsanspruch anzuwenden.
Die Frist beginnt
jedoch erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Arbeitgeber seinen Informations- und Hinweispflichten zu dem noch ausstehenden Urlaub und dessen Verfall nachgekommen ist und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch von sich aus nicht genommen hat.
Dies hat zur Folge,
dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht verfallen kann, solange der Arbeitgeber seine Informations- und Hinweispflichten nicht erfüllt hat. Unter Umständen kann sich daher eine große Anzahl nicht genommener Urlaubstage im laufenden Arbeitsverhältnis ansammeln.
Der Urlaubsabgeltungsanspruch
wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig und dient dem finanziellen Ausgleich noch offener Urlaubstage. Es handelt sich um einen reinen Geldanspruch. Dieser Anspruch unterliegt seinerseits einer eigenen dreijährigen Verjährungsfrist und beginnt mit Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet. Bei diesem Anspruch hat die Mitwirkung des Arbeitsgebers allerdings keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährung.
Es gilt eine Übergangsfrist
für den Beginn der Verjährungsfrist beim Urlaubsabgeltungsanspruch, da die Regeln für den Verfall von Urlaub erst seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018 (Az. C-684/16) feststehen. Das bedeutet in der Praxis, dass die Verjährungsfrist für den Urlaubsabgeltungsanspruch frühestens mit Ablauf des Jahres 2018 beginnen kann.
Kreuzer Tipp
Es ist den Arbeitgebern dringend zu empfehlen, ihre Arbeitnehmer einmal jährlich auf noch ausstehenden Urlaub hinzuweisen, sie aufzufordern, diesen zu nehmen und auf den ansonsten eintretenden Verfall der Urlaubstage hinzuweisen. So wird eine jahrelange Ansammlung von Urlaubstagen, die im laufenden Arbeitsverhältnis noch gewährt oder bei Beendigung gegebenenfalls in Geld ausgeglichen werden müssen, vermieden. Gerne beraten wir Sie bei der Berücksichtigung dieser Hinweis- und Informationspflichten und bei der Prüfung noch offener Ansprüche.
Unternehmen und das neue Hinweisgeberschutzgesetz
Das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wird in Umsetzung von EU-Recht den Schutz von Whistleblowern einheitlich regeln und ausweitend ändern.
Betroffen sind alle Unternehmen, egal wie klein. Lediglich Einrichtung
und Betrieb von internen Meldesystemen betrifft Unternehmen ab 49 Arbeitnehmern, wobei ein Whistleblower sich auch an eine externe Meldestelle wenden kann. Einen Vorrang haben interne Meldungen nicht. Neben bestimmten strafrechtlichen und bußgeldbewehrten Verhaltensweisen sind nun auch Verstöße gegen bestimmte, in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HinSchG gennannte nationale und EU-Vorschriften vom hierdurch sehr weiten Schutzumfang erfasst. Erfasst sind Verstöße seitens eines Unternehmens, aber auch Fehlverhalten von Arbeitnehmern zu Lasten anderer Arbeitnehmer oder des Unternehmens. Ob der Meldekanal anonym ist oder nicht, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die Anforderungen an Einrichtung und Organisation dieser Meldekanäle wird mit § 17 HinSchG gesetzlich ausführlich geregelt, ebenso in § 11 HinSchG der Datenschutz. Möglich ist auch die Weiterreichungsmöglichkeit an eine zuständige Behörde. Betrieb und Besetzung der Meldestellen können durch Dritte oder eigene Beschäftigte erfolgen.
Der Schutz des Hinweisgebers setzt voraus, dass die gemeldete und dem Whistleblower bereits bekannte Information zutrifft oder dass der Hinweisgeber im Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zur Annahme des Zutreffens hatte. Einen generellen Schutz vor Kündigungen bietet das Gesetz gerade nicht, normiert jedoch Schadenersatzansprüche.
Neu ist das bußgeld- und schadenersatzbewehrte
Vertraulichkeitsgebot, das insbesondere die Meldestelle trifft. Im Gegensatz zu öffentlichen Stellen darf die Identität des Hinweisgebers dem Arbeitgeber nur mit ausdrücklicher Zustimmung offenbart werden, wohl auch in Gerichtsprozessen. Wie Vertraulichkeitsgebot und der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch in Einklang gebracht werden, muss wohl die Rechtsprechung klären. Zum Schutz des Hinweisgebers vor Repressalien wird eine Beweislastumkehr eingeführt.
Der Kreuzer Tipp
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen müssen sehr zügig interne, nicht zwangsläufig anonyme, Meldekanäle einrichten, wobei Betriebsrat und Datenschutzbeauftragter einzubinden sind. Für die Ausgestaltung ist anwaltlicher Rat dringend und rechtzeitig zu empfehlen. Sprechen Sie uns an!
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